Es gibt immer mehr Apps für Kleinkinder, die verschiedene Fähigkeiten wie beispielsweise die Koordination oder das Hörvermögen schulen sollen. Doch wie sinnvoll sind solche Apps wirklich? Und müssen Kinder schon so früh wie möglich an digitale Produkte gewöhnt werden oder reicht es aus, wenn sie sich erst einmal in der analogen Welt zurecht finden? Immerhin berühren kleine Kinder zuerst sowieso alles, was sie in die Finger bekommen, weshalb einem Tablet oder Smartphone hierbei kein besonderer erzieherischer Nutzen zugesprochen werden sollte. Dass sich verschiedene Elemente bei Berührung verändern, ist zwar spannend, kann vom Kind aber noch nicht wirklich zugeordnet werden.

Gezielte Interaktion und Lerneffekt? Fehlanzeige.

Das lässt sich in zahlreichen Videos erkennen, in denen Kinder mit einem Tablet spielen. Sie tippen und streichen zwar fleißig über den Bildschirm, einen Zusammenhang zwischen ihrer Aktion und der im Gerät stattfindenden Reaktion können die meisten jedoch nicht herstellen. Das siehst du daran, dass die Kinder das jeweilige Gerät während und zwischen den Spielen hin und her drehen, es auf den Kopf stellen oder wahllos Knöpfe drücken. Von gezielter Interaktion und einem Lerneffekt kann hierbei keine Rede sein.

Auch diverse Entwicklungspsychologen sind skeptisch, dass vor allem Kleinkinder schon Fortschritte machen, indem sie mit Hilfe von Apps Zahlen oder Buchstaben, Musikstücke oder Sprachen lernen. Gerade Kinder unter vier Jahren müssten von den Eltern noch durch die Apps geführt werden, da diese oft zu komplex seien. Daher sind die meisten Apps erst ab dem Zeitpunkt geeignet, an dem die Kinder in die Schule kommen. Wie soll dein Kind denn auch ein Pinsel-Symbol zum Malen auf einem Tablet verstehen können, wenn es analog im schlimmsten Fall noch nie einen Pinsel oder Stift in der Hand hatte?

Entwicklung unterstützen – nicht überspringen

Der wichtigste Tipp lautet deshalb: Übt die wichtigsten Dinge erst einmal in der analogen Welt! Bringe deinem Kleinen also das Malen mit Stift und Papier bei, da es sich dabei um primäre Fähigkeiten handelt, die nach wie vor in der analogen Welt zählen!

Das steht jedoch nicht im Gegensatz dazu, dass die Digitalisierung immer mehr um sich greift und deshalb schon Kinder von Beginn an mit neuen Kommunikationsmitteln und -techniken vertraut gemacht werden sollten. Doch bevor dein Kind zu viel seiner Zeit in der digitalen Welt verbringt, sollte es sich zunächst mit der analogen Welt auseinandersetzen, die vor allem viel mit sozialen Kontakten zu tun hat! Diese können durch digitale Kontakte nicht ersetzt werden, sind aber im Kinderalter genau das, was jeden Menschen prägt.

Digitalisierung ja, aber nicht um jeden Preis

Gerade Kleinkinder brauchen diese Phase für ihre Entwicklung, da sie dabei die Grundlagen der zwischenmenschlichen Beziehungen erlernen. Nur in der analogen Welt lernt man Gestik und Mimik zu deuten, Gespräche zu führen, Witze und Ironie zu verstehen und Konflikte zu lösen. Zudem ist Kommunikation und Konversation unglaublich wichtig für die Entwicklung des eigenständigen Denkens. Erst wenn diese soziale Komponente und grundlegende motorische Fähigkeiten vorhanden sind, kann ein Umgang mit Smartphone und Tablet Sinn machen.

Wichtig: Lass dein Kind damit nicht alleine. Es sollte an einen verantwortungsbewussten Umgang mit Technik aller Art herangeführt werden und das Gefühl bekommen, dass es nicht nur vor einem Gerät geparkt wird, damit die Eltern sich anderen Dingen zuwenden können.

So wie du also mit deinem Kind ein Buch lesen würdest, solltest du mit ihm gemeinsam Apps ausprobieren, digitale Spiele spielen oder ein Bild auf dem Tablet malen. Am besten gibt es außerdem festgelegte Zeiten, an denen digitale Geräte zum Einsatz kommen, sodass diese nicht zur Selbstverständlichkeit werden und von den vielen spannenden Entdeckungen in der analogen Welt ablenken.