Feste Rollenbilder, wie zu Großmutters Zeiten sind heutzutage zum Glück verpönt, doch so richtig frei von Rollenzwängen sind wir und unsere Kinder leider auch nicht. Warum das so ist und was wir als Eltern tun können, um die gesunde Entwicklung unserer Lieblinge zu unterstützen, erfahrt ihr im folgenden Text.

Rollenbilder vor der Geburt des Kindes

Eine der spannendsten Fragen in der Schwangerschaft ist: „Junge oder Mädchen?“. Bevor wir es wissen, wählen wir meist neutrale Farben, wie Gelb oder Grün. Doch gerade beim ersten Kind ist die Verlockung groß auf Shoppingtour zu gehen, sobald wir wissen, welches Geschlecht unser Kind haben wird. Rosa oder Blau? Dem Nachwuchs ist das eigentlich piep egal, ob auf dem Body ein Bagger oder ein niedliches Kätzchen abgebildet sind. Spätestens beim zweiten Kind, trägt unser Wonneproppen sowieso die Kleidung von den Geschwistern auf. In diesem Alter ist es unserem Kind gleich, ob es rote Pünktchen Strümpfe oder einen Dino-Pulli an hat oder welche Farbe sein Teddybärchen hat. Solange es bei uns ist, geht es ihm gut.

 

Im Kindergarten spalten sich die Lager

Während die Elternwelt gerade intensiv über Geschlechter sensible Sprache debattiert, tragen unsere Kleinen das Thema Gender auf einer ganz anderen Ebene aus. Gerade im Kindergarten sehen sich die meisten Eltern damit konfrontiert, dass ihre Kinder auf einmal selbst auf feste Rollenmuster und Geschlechtsunterschiede pochen. Auch wenn du dein Kind zu Hause also frei von Rollenklischees erziehst, so kann es durch aus sein, dass es durch den Kindergarten sein Verhalten um 180 Grad wendet. Warum?

  • Dein Kind hat täglich mit Erziehern und anderen Eltern zu tun, die es mit ihrer eigenen Ansicht zu Rollenbildern direkt oder indirekt beeinflussen.
  • Oft spielen die Großeltern eine wichtige Rolle im Leben unserer Kleinen. Sie haben natürlich Erwartungen an Jungen und Mädchen, die noch aus einer Zeit stammen, die davon geprägt gewesen ist, dass Jungen „stark“ und Mädchen „süß“ und „brav“ sein sollen.
  • Den größten Einfluss aber haben die Kinder untereinander. Im Kindergarten treffen verschiedene Altersklassen (von 2- 6 Jahren) aufeinander. Die Jüngeren schauen sich Verhaltensformen Gleichaltriger und älterer Kinder ab.

Wenn unsere Tochter sich nur noch mit Mädchen verabreden möchte oder unser Sohn einen reinen Jungs- Geburtstag feiern will, dann kommt der Zeitpunkt, an dem wir anfangen sollten uns Gedanken zu machen.

Ist es genetisch vorprogrammiert, dass sich Mädchen gegen Jungs verschwören und andersrum oder kommt der Einfluss von außen?

Jungs werden zu Spiderman, Mädchen zu Prinzessinnen

Je mehr Kontakt unser Kind mit anderen Kindern hat, umso großer ist auch der Einfluss von außen, das ist völlig normal. Im Moment tragen alle Kinder T-Shirts mit Wendepailletten und Glitzereinhörner. Auch Feuerwehrmann Sam und Cars sind nach wie vor Verkaufsschlager. Selbst wenn man diese Dinge selbst nicht so wichtig findet, unser Kind legt hohen Wert drauf. Wer die richtige Kleidung trägt gehört dazu, oder eben nicht. Manchmal dürfen Mädchen nicht mitspielen, wenn sie nicht ein Kleid oder eine bestimmte Farbe tragen. Spätestens beim nächsten Klamottenkauf bekommen wir dann zu hören: „Das tragen nur Jungs“. Da müssen Rüschen her und Glitzer, Glitzer, Glitzer… und das nicht nur zu Karneval. Während im Krippenalter noch das Tigerkostüm prima war, so muss es jetzt Prinzessin Lillifee sein. Bei den Jungs hingegen sind typische Männerbilder der Renner: Polizei, Pirat oder direkt Spiderman.

 

Wenn Jungs lieber mit Puppen spielen und Mädchen auf Bäume klettern

Bei Jungs ist die Genderfrage sogar intensiver, als bei Mädchen. Wenn deine Tochter mit einem Dino- Pulli ankommt und mit den Kumpels Autorennen spielt, ist das doch irgendwie „cool“. Was ist, wenn dein Sohn aber lieber mit Puppen spielen möchte und auch mal Nagellack und ein Krönchen tragen will? Da hört für die Meisten der Spaß auf. Auch Gleichaltrige können hier sehr verletzend reagieren.

Aber auch Jungs müssen nicht dem typischen Rollenbild entsprechen. Viele spielen sogar ziemlich gerne mit Mädchen, puzzeln und malen lieber, statt in die Turnhalle zu gehen. Auch das ist völlig in Ordnung. Dieses Gefühl sollten wir ihnen als Eltern vermitteln. Stolz auf sie sein und sie in ihrem Handeln bestärken.

 

Geschlechterkämpfe im Kindergarten

Niemand möchte gerne gehänselt werden, deshalb sind wir als Eltern an dieser Stelle besonders gefordert. Im Kindergarten herrscht mitunter ein sehr strenges Regiment. Geschlechterkämpfe werden dort an der Tagesordnung ausgetragen: Jungen gegen Mädchen und andersrum. Im Mädels-Club gibt es keine Jungs. Oft tragen sie sogar Kleider, um sich optisch abzugrenzen. Auch das ist okay, diesem Gruppenzwang können sich unsere Kinder noch nicht entziehen. Selbstbewusstsein und Willensstärke  sind etwas, dass noch wachsen muss. Und hier können wir unseren Kleinen dabei helfen, sich zu verständnisvollen und zufriedenen Erwachsenen zu entwickeln.

 

Wie wir reagieren können, wenn unser Sohn nicht typisch „Junge“ ist oder unsere Tochter sich nicht fein und anständig benimmt, sondern wie ein Rabauke auf Bäume klettert und alle Schmetterlingshaarspangen aus den Haaren reißt?

Die Antwort ist ganz einfach: Lass sie einfach mal machen.

Kinder, die frei entscheiden dürfen, mit was und mit wem sie spielen oder was sie anziehen dürfen, können sich gesund entwickeln und zu kreativen und selbstbestimmten Heranwachsenden werden.

 

5 Tipps, wie du die Genderfrage lösen kannst:

  1. Erlaube deinem Kind mit den Kindern und Spielsachen zu spielen, die es möchte, egal ob es die pinke Barbie bei deinem Sohn oder das Rennauto bei deiner Tochter ist.
  2. Es ist auch völlig okay, wenn dein Kind ein „typisches“ Mädchen ist, wenn sie es selbst für sich so möchte. Wichtig: Ohne Zwang.
  3. Vermeide Sätze, wie: „Das ist nur was für Jungs!“ oder „Damit spielen nur Mädchen!“
  4. Bestärke dein Kind, wenn es sich für ein etwas anderes Modell entscheidet und hilf ihm, sich damit vor Gleichaltrigen zu behaupten. Stichwort: Auch Jungen dürfen mit Puppen spielen.
  5. Nenne deinem Kind positive Vorbilder, wie den liebevollen Opa, der gerne kocht oder die coole Tante, die auch Autos reparieren kann. Auch Pipi Langstrumpf ist eine super Figur, die auch Jungs richtig cool finden.

 

Akzeptiere dein Kind, wie es ist und gib ihm Rückendeckung

Das Beste und wichtigste, das wir als Eltern tun können, ist unseren Kindern ein starkes Selbstwertgefühl zu geben. Das heißt, ganz gleich ob deine Tochter gerne eine funkelnde Prinzessin sein möchte oder lieber mit Jungs spielt, bestärke sie in ihrem Handeln. Hier geht es nämlich nicht darum, ob wir das selbst gut finden, sondern um unser Kind.

Verbieten wir unserem Sohn zum Beispiel mit Puppen zu spielen, dann wird er sich immer schuldig oder schlecht fühlen und im Erwachsenenalter vielleicht sogar ein gestörtes Verhältnis zur Vaterrolle haben.

Besser ist es ihm zu zeigen, dass Babys und Puppen nicht nur Mädchenkram sind. Ganz im Gegenteil. Wenn dein Sohn darin bestärkt wird, dass er dadurch später ein richtig guter Papa wird, dann wird er dieses „gute Gefühl“ auch in den Kindergarten tragen und sich vor Gleichaltrigen behaupten können. Lachen diese ihn wegen seiner Vorliebe aus, hat er ein starkes Argument – und die Rückendeckung der wichtigsten Menschen in seinem Leben: Die seiner Eltern.

 

Stärke das Selbstwertgefühl deines Kindes und eure Eltern-Kind- Beziehung

In einigen Kitas dürfen Jungs zum Beispiel die Rolle der Maria im Krippenspiel übernehmen. Superwitzig und ein riesiger Schritt in die richtige Richtung. Es ist egal, welche Rolle unser Kind für sich auswählt. Wenn wir es als Eltern schaffen über unseren eigenen Schatten zu springen, wenn es uns nicht „peinlich“ ist und wir unserem Kind das Gefühl geben, dass es genauso richtig ist, wie es ist, dann können wir sein Selbstwertgefühl für die Zukunft stärken.

So dass es auch die Schulzeit und die ohnehin sehr sensible Zeit des Erwachsenenwerdens meistern kann. Die Pubertät bringt nämlich ihre eigenen Tücken und Genderfragen mit sich.

Da ist es besonders wichtig, dass dein Kind weiß: Es wird geliebt, egal ob rosa, blau oder kunterbunt.