Mit sprachlichen Auffälligkeiten richtig umgehen
Forschungen zufolge haben 15 – 25 % der Kinder Schwierigkeiten mit Sprache. Nicht alle sprachlichen Auffälligkeiten sind von Dauer oder bedürfen einer Therapie durch einen Spezialisten.
Einige Entwicklungsverzögerungen können gut durch rechtzeitige Förderung im Alltag aufgefangen werden. Im Grunde ist jegliche sprachliche Interaktion mit dem Kind schon Sprachförderung, da Kinder durch Hören und Imitieren das Sprechen lernen.
Sprache im Alltag viel Raum geben
Durch bewusstes Einsetzen von Kommunikation in alltäglichen Situationen kann das Kind von Eltern und Erziehern wortreich begleitet werden. Während eines Einkaufs können Lebensmittel und anderen Produkte beschrieben werden, bevor sie in den Korb wandern. Auch kann das Kind animiert werden, etwas auszusuchen, was vorab detailliert geschildert wird.
Darüber hinaus hilft es unkorrekt ausgesprochene Worte des Kindes auf liebevolle Art und Weise richtigzustellen.
Tipps für den Alltag und die Therapie
Spielerisches Lernen durch Reimen oder Lieder singen unterstützt das Sprechen lernen gleichermaßen alltagsnah. Hier empfehlen sich Singspiele, Fingerreime, Klatsch- oder Bewegungsspiele. Auch die Interaktion mit anderen, „normal“ sprechenden Kindern unterschiedlichen Alters ist sehr förderlich.
Neben dem Erzählen und Spielen ist das Vorlesen ein wesentlicher Faktor für die Sprachförderung. Vom ersten Lebensjahr des Kindes an, vermitteln Geschichten einerseits Sprachreichtum und fördern Bilder anderseits eine vielseitige Fantasiewelt. Illustrationen helfen die vorgetragenen Texte zu verstehen. Auch hier können Diskussionen des Vorlesenden angeregt werden. Kurze und prägnante Sätze, also dem kindlichen Sprachniveau des Kindes angepasst, helfen den Kleinem beim Hörverstehen.
Generell ist eine ruhige Sprache zwischen Kind und Bezugsperson in Alltagssituationen ebenso wichtig wie der Augenkontakt, also das „in Kontakt zu sein“. Stress bedingt oder organisatorischen Dingen geschuldet, geschieht es immer häufiger, dass Mütter oder Väter während des Gesprächs mit dem Kind unbeteiligt wirken oder ihr Smartphone studieren. Viel Blickkontakt mit dem Erwachsenen sowie klare Aussagen sind für das Kind jedoch sehr wichtig, damit es die Intension versteht und die mitschwingende nonverbale Kommunikation wahrnimmt.
Trotz allem gilt zu bedenken, dass sich Kinder sprachlich sehr individuell entwickeln. Manche sprechen früher und schneller, andere erst später und mühsamer. Hinzukommt, dass sich Phasen großer Fortschritte und Abschnitte scheinbaren Stillstands abwechseln.
Welche sprachlichen Auffälligkeiten gibt es bei Kindern?
- Artikulationsstörungen: Laute werden nicht richtig gebildet und Wörter werden in einem falschen Zusammenhang genutzt
- Sprachentwicklungsstörungen: Wenn neben der Lautbildung weitere Sprachfähigkeiten wie der Satzbau, der Wortschatz und/oder das Sprachverstehen gestört ist
- Redeflussstörung: Wenn ein Kind nicht flüssig spricht, Blockaden beim Sprechen hat oder wiederholt Wörter oder Wortteile spricht
Beobachten und beim Kinderarzt abklären
Wenn sprachliche Auffälligkeiten über längere Zeit beobachtet werden, kann der Kinderarzt oder ein Facharzt für Stimm- und Sprachstörungen mithilfe unterschiedlicher Tests beurteilen, ob der Entwicklungsstand des Kindes der Norm entspricht oder sich therapeutische Hilfe empfiehlt.
Um Sprachtherapie handelt es sich, wenn regelmäßige Übungen und Anregungen durch einen Spezialisten wie einen Logopäden erfolgen. Auch diese zeigen vor allem dann Wirkung, wenn sie im Alltag eingebunden und wiederholt werden.
Expertentipp zur Sprachtherapie
Wir haben mit Frau Koschine gesprochen. Sie ist seit 22 Jahren Logopädin und Stimmtherapeutin mit eigener Praxis in Dresden. Ihre Behandlungsschwerpunkte sind Stimmstörungen, Stottern und kindliche Sprachstörungen. Sie unterstützt Familien bei sprachlichen Auffälligkeiten und empfiehlt Sprachtherapie folgendermaßen einzusetzen:
„Sprachförderung findet eigentlich von Anfang an statt, wenn Vater und Mutter mit ihrem Baby interagieren, Handlungen sprachlich begleiten und Reaktionen des Kindes kommentieren.
In der Logopädie findet immer Sprachtherapie und nicht Sprachförderung statt.
Wenn Eltern sich Sorgen machen, ob beobachtete Auffälligkeiten bei ihrem Kind „normal“ sind sollten sie sich fachliche Hilfe holen, beim Kinderarzt und bei Logopädinnen. Oft können auch Erzieherinnen einschätzen, ob die Sprache bei einem Kind normgerecht ist oder Handlungsbedarf besteht.“
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