„Möchte mein Schatzeli ein Kekschen?“ oder „Wollen wir nach dem happa happa, heia heia machen?“. Beim Anblick eines süßen Babys mutieren viele Erwachsene zum Spaß-Kasper, machen komische Geräusche und Grimassen, um dem Windelpups ein glucksendes Lachen zu entlocken. Andere verdrehen bei solchen Sätzen die Augen. Wäre es nicht besser „richtig“ mit Kindern zu sprechen, anstatt Wörter zu verniedlichen? Diese Frage stellen sich viele Eltern. Deshalb haben wir verschiedene Meinungen recherchiert und sind der Frage nachgegangen, wie förderlich oder gar schädigend Babysprache seinen kann.

 

Warum verniedlichen wir Wörter und nutzen die Babysprache?

Manche Eltern passen ihre Sprache intuitiv dem Kind an und das nicht nur in Deutschland. In vielen Kulturen lässt sich beobachten, dass Eltern auf eine ganz besondere Weise mit ihren Kindern sprechen. Unsere Stimme wird weicher, die Tonlage höher (bei einigen fast piepsig). Kleine Kinder springen auf diesen zuckersüßen Singsang sofort an, sie hören die schrillen Wörter nicht nur besser, sondern lernen ziemlich schnell, dass wir Erwachsenen mit besonderer Zuwendung reagieren, wenn in Babysprache gesprochen wird.

Neben der Information teilen wir unserem Sprössling mit, dass wir ihn sehr liebhaben. Durch das Verwenden von verniedlichten Wörtern versuchen wir eine Beziehung zu einem Kind aufzubauen, sein Vertrauen zu gewinnen. Jeder kennt das Phänomen, wenn ein Onkel oder eine Tante vor einem Baby plötzlich verrückte Gesichter oder lustige Geräusche macht. Für die Kleinen machen wir uns gern zum Affen.

 

Verkleinerungsformen von Wörtern: Typische Verniedlichungen von Wörtern

Verkleinern von Wörtern im Deutschen

Im Deutschen werden Begriffe durch das Anhängen von bestimmten Endungen, wie -chen oder -lein verniedlicht. Grammatikalisch korrekt nennt sich die Verkleinerungsform „Diminutiv“. Sie dient dazu Dinge, die eine geringere Größe haben zu beschreiben. Bezogen auf Personen dient sie zudem, um ein besonders nahes Verhältnis zu dem Genannten auszudrücken. Wir benutzen sie recht häufig, z.B. Würstchen, Hündchen, Kinderlein.

Oft verwenden wir die Verniedlichungsform auch für Kosenamen, so ist das eigene Kind gerne ein „Herzchen“ und die liebevolle Mutter eine „Mutti“ oder „Mami“. Wer würde da nicht hinschmelzen, wenn das eigene Kind einen so nennt. In manchen Dialekten werden auch gerne sog. Suffixe, wie- li oder -le verwendet, um Dinge und Personen, die man besonders wertschätzt zu betonen. Da sagt die Oma dann zu ihrem Enkelkind sowas wie „Schätzerle“ oder „Kinderli“.

 

Verkleinern von Wörtern im Englischen

Auch in der englischen Sprache gibt es zwei Möglichkeiten Wörter zu verkleinern.

  1. Durch das Anhängen einer bestimmten Endung, wie -y, -ie, -ling, -ette und -let.

Das Diminutiv ist aber nicht so sehr ausgeprägt, wie im Deutschen. Grundsätzlich kann man mit diesen Endungen alle Dinge verkleinern, viele Verniedlichungen jedoch findet man nicht im Wörterbuch. Ausnahme ist z.B. „kitty“ für „cat“ (Katze). Nicht verwechseln sollte man im Englischen auch, dass z.B. auch Adjektive durch das Anhängen der Endung -y gebildet werden, z.B. „girly“.

  1. Durch das Vorstellen des Begriffes „klein“

Oft werden Wörter einfach durch das Vorstellen von „little“ (klein), „tiny“ (winzig) oder „baby“ (Baby) verkleinert, was, wie beim Erlernen einer Fremdsprache wesentlich leichter zu merken ist.

Beispiele für typische Wörter sind: 

– dog= doggy (Hündchen); dad=daddy (Papi)
– book= booklet (Büchlein); pig= piglet (Ferkel)
– duck= duckling (Entchen)
– aunt=auntie (Tantchen)
– small glass (kleines Glas) oder Baby corn (Baby-Mais)

 

 

Ist Babysprache förderlich oder schädlich?

Babysprache erleichtert die Kommunikation zwischen Eltern und Baby

Durch das Verwenden von leichter Sprache, kurzen Sätzen und die besondere Betonung versuchen wir unserem Kind die Verständigung mit uns zu erleichtern. So ist das Wort „happa happa“ für unseren kleinen Brabbelkopf natürlich viel einfacher auszusprechen als „Essen“. Unser Kind lernt diese Vokabel, als sei sie ein echtes Wort und kann uns beim nächsten Mal schon selbst mitteilen, dass es „happa happa“ möchte. Der Alltag wir dadurch um wesentliches leichter, weil es zu weniger Missverständnissen kommt. Wenn wir sofort verstehen, was unser Kind will, braucht es nicht mit anderen Mitteln, wie Schreien, um unsere Aufmerksamkeit zu buhlen. Dadurch sinkt das Stresslevel bei Mami und Kind. Dieser Meinung ist auch der Entwicklungspsychologe Manuel Bohn am Max-Plack-Institut. Ihm nach profitieren Babys von dieser Art der Kommunikation und sie stärke die Eltern-Kind Beziehung. Zwar verstehen sie die Worte noch nicht, nehmen aber den Klang der Stimme wahr und auch die Stimmung, die mit ihr transportiert werde. Wörter in Babysprachen dienen als Übersetzungshilfe.

Forschungen an der Rutgers University-Newark haben ergeben, dass die Gehirne von Kleinkindern stärker reagieren, wenn Eltern mit ihren Kindern in Babysprache sprechen. Beim überspitztem Babykauderwelsch werden nämlich nicht nur die Wörter vereinfacht, auch ziehen wir die Vokale automatisch länger und betonen somit die wichtigsten Wörter im Satz. Es sind genau diese Laute, die unser Baby als erstes lernt und sich unbewusst einprägt. Bis das Kind eines Tages selbst beginnt die Dinge zu benennen und sich selbst mitzuteilen versucht. Dann bekommen wir als Eltern auch besser mit, wie weit unser Kind in seiner kindlichen Sprachentwicklung ist und können auf den Baby-Singsang verzichten.

Ab wann sollten wir „richtig“ mit unserem Kind sprechen?

Verniedlichungen mögen anfangs, bevor unser Kind mit dem Sprechen beginnt nützlich sein. Sobald es jedoch die ersten richtigen Wörter lernt (spätestens ab 18 Monaten), sollten wir als Eltern darauf achten uns die Phantasiewörter und Laute abzugewöhnen.

Familieninterne Phantasiewörter können im Alltag problemlos funktionieren, doch spätestens, wenn unser Kind in den Kindergarten geht und sein Umfeld sich erweitert, kommt es damit nicht mehr weiter. Die Erzieher und auch die anderen Kinder verstehen es wohlmöglich nicht. Frust ist vorprogrammiert. Das kann die ohnehin oft schwierige Eingewöhnungsphase  zusätzlich erschweren. Es spricht nichts die dagegen die Wortkreationen zu benutzen, die allgemeingültige Bezeichnung sollte aber mitbenannt werden, damit es nicht zu Missverständnissen komme, schreibt der Kommunikationsexperte Manuel Bohn im Magazin Baby & Familie.

Studien der American Association fort he Advancement of Science zeigen, dass Kinder in dessen Umfeld viel gesprochen wird später besser lernen. Komplexe Sätze und ein ausgeprägter Wortschatz sind also förderlich. Ein Huhn ist zum Beispiel kein „Gack Gack“ und ein Hund auch kein „Wau Wau“. Auch wenn dies oft die ersten Wörter sind, die unser Schatz lernt.

Wir sollten versuchen unser Kind nicht zu korrigieren, dadurch nehmen wir ihm den Mut sich auszudrücken. Wenn es zum Beispiel sagt „titi dada“, um uns mitzuteilen, dass sein Lieblingsauto mitsoll. Dann können wir freundlich entgegnen: „Ja dein Auto darf auch mitfahren“ oder durch die Kombination von beidem: „Ja dein titi Auto darf auch dada mitfahren“. Dadurch fördern wir es in seinem Selbstvertrauen, weil wir ihm den Fehler nicht vorhalten und ihm trotzdem zeigen, wie es richtig heißt. Ermutigen und Loben ist tausendmal förderlicher als Kritik. Genauso, wie Miteinander spielen und sprechen meist mehr bringt als stumpf zu üben. Denn wenn etwas Spaß macht, lernen wir es gerne.

Weitere Tipps, wie sich Kinder Wörter besser merken können:  

  • Spreche mit deinem Kind, auch wenn es dich noch nicht versteht oder dir noch nicht antworten kann. Da kleine Kinder noch viel Zuwendung brauchen, hören sie in nahen Situationen besonders gut zu. Sei es beim Stillen, Füttern, Wickeln oder beim Gutenachtlied. Sprech dabei deutlich und langsam, damit es genug Zeit hat das Gesagte zu verarbeiten.
  • Halte Blickkontakt im Gespräch mit deinem Kind, so kann es nicht nur das Gesagte hören, sondern sieht auch deine Mimik und Reaktion, dadurch lernt es die Wörter einzuordnen. Außerdem vermittelst du ihm dadurch, dass dich auch interessiert, was es sagen möchte.
  • Reduziere störende Geräusche zu Hause, wie das Radio oder den Fernseher. Diese Geräuschkulisse kann deinen Schatz überfordern und hindert es daran hinzuhören, wenn du sprichst.
  • Benenne Gegenstände, zeige sie deinem Kind und lass es diese ruhig auch mal anfassen. Es begreift im wahrsten Sinne besser, wenn es Dinge in den eigenen Händen halten kann.
  • Gib deinem Kind die Zeit sich selbst mitzuteilen. Dadurch hilfst du ihm seinen Wunsch zu verbalisieren.

Wie Kinder Sprachen lernen und wie wir sie dabei unterstützen können und weitere Tipps zur Förderung der Sprachentwicklung findest du hier.

 

Warum auch Jugendliche und manche Erwachsenen zur „Niedlichen- Sprache“ greifen

In Elternforen wird gerade viel darüber diskutiert, dass wir Eltern unsere Teenies (7-16-Jährigen) kaum noch verstehen, weil diese nicht nur mit ihren Freunden, sondern auch zu Hause in einer „Neuen Sprache“ kommunizieren. Neben Emogies, die die normale Kommunikation ersetzen, neigen wohl besonders Teenie Mädchen dazu ihre Gefühle in Ellen langen Fantasiewortgebilden auszudrücken. Da wirkt das das HDL aus unserer Generation richtig altmodisch oder „oldschool“, wie die Kids sagen würden.

Auch wenn sich uns bei einem „dasistoberhammervollkrasslieb“ die Haare sträuben, laut Kinderpsychologen ist eine Jugendsprache nichts Schlechtes, sie dient den Heranwachsenden sich von den Eltern abzugrenzen und ermöglicht ihnen ihre Gefühle auszudrücken. Und davon gibt es in der Pubertät echt viele. Die Sprache wird zu einem Ventil, durch das Jugendliche Stress abbauen können. Deshalb sollten wir als Eltern diese Phase locker nehmen. Einige Tipps findest du in unserem Beitrag: So löst du Konflikte mit deinem Kind entspannt auf.

Aber spätestens jetzt ist es Zeit für uns Eltern uns die „Niedliche Sprache“ abzugewöhnen, denn während sie im Kleinkindalter als eine Art Liebesbotschaft galt, kann sie nun gegenteilig aufgefasst werden. Heranwachsende sind sehr empfindlich und wollen ernst genommen werden. Sprechen wir sie mit einem „Söhnchen“ an und streicheln ihm/ihr in vertrauter Geste über den Kopf, so kann dies als Zeichen dafür genommen werden, dass wir sie immer noch wie ein Kind behandeln. Oft verschwindet jetzt das geliebte „Mami“ und wird durch ein „meine Mutter“ oder „meine Alte“ ersetzt. Je ruhiger und normaler wir aber mit unseren Kindern sprechen, desto besser lassen sich Missverständnisse und Streitigkeiten ausräumen. Wichtig ist mit dem eigenen Kind auf Augenhöhe zu sprechen – nicht erst in der Pubertät.

Wie du selbst geduldiger und gelassener im Umgang mit deinem Kind werden kannst erfährst du in unserem Beitrag: Als Elternteil geduldiger werden: So kannst du deine Geduld trainieren.

 

Fazit:

Verniedlichungen mögen anfangs, bevor unser Kind mit dem Sprechen beginnt nützlich sein. Sobald es jedoch die ersten richtigen Wörter lernt (spätestens ab 18 Monaten), sollten wir als Eltern darauf achten uns die Phantasiewörter und Laute abzugewöhnen. Im Alltag sind Verniedlichungen trotzdem erlaubt, besonders, wenn wir uns liebevolle Kosenamen geben oder unserem Kind durch die Verkleinerungsform zeigen möchten, wie gern wir es haben. So klingt ein „Husch Husch zurück mit dir ins Bettchen“ wesentlich herzlicher als ein schlichtes „Zurück ins Bett mit dir“. Allein die Betonung macht den Unterschied.

Letzten Endes müssen wir als Eltern selbst entscheiden, ob wir Babysprache in Ordnung finden und ob wir uns bewusst sind welche Botschaften hinter der verniedlichten Sprache stecken können.  Ist es ein ehrliches und ganz und gar unterbewusstes „Ich hab dich lieb“? Oder verniedlichen wir Worte, um unser Kind, den Partner oder Kollegen in der Arbeit herabzustufen und „klein“ zu machen?

Am wichtigsten ist vor allen Dingen, dass wir viel mit unserem Kind sprechen, mit so vielen Wortvarianten, wie möglich, damit es mehr als eine Möglichkeit hat sich auszudrücken.

„Die Art, wie Eltern sprechen, sollte altersangemessen sein. Kinder lernen besonders gut, wenn Eltern eine Stufe komplizierter sprechen, als es das Kind gerade selbst tut. Wenn es z.B. noch gar nichts sagt, tun es auch einzelne Wörter und kurze Sätze (…) Spricht man zu kompliziert, nimmt das Kind davon zu wenig mit.“

(Zit. Des Kinder- und Jugendpsychiaters Prof.Dr. Stephan Bender von der Uni Köln im KSTA Ratgeber)

5 Tipps, wie du richtig mit deinem Kind kommunizieren kannst findest du hier.